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Anlaufzeit in der realen Welt!

Posted: 29th January 2018

 

Anlaufzeit in der realen Welt!Gelegentlich bitten uns unsere Kunden um die Angabe der Zeit, die ein Oszillator zum Hochfahren braucht. Sie haben ohne Zweifel berechtigte Gründe, dies wissen zu wollen, und die Beantwortung der Frage scheint auf den ersten Blick einfach zu sein. Man braucht vermutlich nur die Verzögerung zwischen Systemstart und gültiger Datenübertragung zu berechnen.

Wir von IQD haben kein Problem damit, diese Werte zur Verfügung zu stellen, aber wir müssen genau klären, was der Kunde verlangt. Besonders beim Vergleich unserer Produkte mit denen unserer Wettbewerber können Sie sicher verstehen, dass wir Äpfel mit Äpfeln vergleichen müssen. Meinen Sie beispielsweise das Hochlaufen ab dem Einschalten oder ab dem Funktionieren der Ausgangssteuerung?

Wenn der Oszillator zum ersten Mal an Spannung gelegt wird, muss der Schwingkreis "aus der Kälte" hochlaufen, was einige Millisekunden dauern kann. Findet die Ausgangssteuerung des Oszillators Verwendung, dann gibt es zwei Möglichkeiten, was geschieht, wenn der Oszillator abgeschaltet ist. Eine besteht darin, dass der interne Oszillatorstromkreis in Betrieb bleibt und der Ausgangspuffer abgeschaltet wird; dies führt zwar zu einer sehr schnellen Anlaufzeit im Mikrosekundenbereich, aber die Stromaufnahme im abgeschalteten Zustand ist nicht viel geringer als beim eingeschalteten Gerät. Die andere Option ist, dass der interne Oszillator beim Abschalten des Geräts mit abgeschaltet wird; dies führt zu einer sehr geringen Stromaufnahme im Mikro- oder Nanoamperebereich im abgeschalteten Zustand, bedeutet aber, dass die Hochlaufzeit länger ist.

Als Faustregel gilt, dass ältere Oszillatoren eine Sperrfunktion für den Ausgangspuffer haben, während neuere und kleinere Oszillatoren mit einer internen Abschaltfunktion für den Oszillator ausgestattet sind. Das liegt daran, dass neuere Geräte in der Elektronikindustrie energiebewusster sind, ganz besonders kleine, tragbare und batteriebetriebene Geräte.

Es lohnt sich wohl, hier über die in der Branche verwendeten Begriffe zu sprechen. Wenn Sie sich die Datenblätter aller Hersteller und Anbieter von Frequenzreglern anschauen, werden Sie feststellen, dass die Ausgangssteuerung als "Enable Disable Function", als "Tristate Function", als "Standby Function" und noch einige andere Begriffe bezeichnet wird, ohne dass eine Übereinkunft besteht, welcher Ausdruck was bedeutet. Wir bei IQD verwenden den Begriff "Tristate", um auszudrücken, dass der Ausgangspuffer deaktiviert ist, der interne Oszillator aber noch läuft, und "Standby Function", um zu sagen, dass der interne Oszillator deaktiviert wurde. Allerdings: Nur weil zwei Hersteller von Frequenzregelprodukten dieselben Begriffe verwenden, heißt das noch lange nicht, dass sie beide dasselbe meinen!  

Wann ist der Oszillator Ihrer Meinung nach voll in Betrieb? Wenn die Frequenz innerhalb der Spezifikation auf dem Datenblatt liegt, vielleicht ±50 ppm der Nennfrequenz? Oder wenn die Amplitude des Ausgangssignals einen Grenzwert erreicht hat, vielleicht 90% der Endamplitude? Oder die Zeit für die Frequenz innerhalb einiger ppm ihrer Endfrequenz liegt, vielleicht ±20 ppb der Frequenz nach einer Stunde?

Generell gilt: Wenn das Datenblatt die Messung nicht eindeutig definiert, kann man davon ausgehen, dass sich der angegebene Wert auf die erste der oben genannten Optionen bezieht, d.h. dass die Frequenz innerhalb der Spezifikation liegt. Wenn Ihnen dieser Wert jedoch wichtig ist, dann ist es ratsam, vorsichtig zu sein und dies mit Ihrem Lieferanten von Frequenzregelprodukten zu klären. Wenn Sie einen temperaturgesteuerten Quarzoszillator (OCXO) kaufen, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der angegebene Wert entweder die zweite oder die dritte Option oben ist.

Abschließend noch einige Überlegungen für Ihr technisches Team. Die Anlaufzeit kann durch die Temperatur beeinflusst werden, was natürlich besonders für OCXO-Produkte gilt. Die Messung der Zeit zum Hochfahren kann durch Reflexionen und starke Stöße auf das Signal zwischen Oszillator und Messsystem beeinflusst werden. Wenn wir diese Messung durchführen, sorgen wir für ideale Bedingungen, d.h. der Oszillator erhält den Nennwert des Zustands der Ausgangslast des Oszillators. Wenn dies auf Ihrer Leiterplatte nicht der Fall ist, dann fallen die Ergebnisse, die Sie erhalten, anders aus.

Eine genaue Messung der Anlaufzeit bei einem Standardoszillator erfordert ein Oszilloskop mit hoher Bandbreite, um sicherzustellen, dass die steigenden Flanken korrekt getaktet werden, und auch hier ist eine gut angepasste Impedanz zwischen dem Oszillatorausgang und dem Eingang des Oszilloskops notwendig, um Schläge der Wellenform zu vermeiden.

Die Anlaufzeit ist eine Funktion der Frequenz, aber die Datenblätter geben einen einzigen Wert an, der den gesamten Frequenzbereich abdeckt. Das bedeutet, dass der auf dem Datenblatt angegebene Wert der ungünstigste Fall ist und einen erheblichen Sicherheitsspielraum enthält. Die gemessenen Daten können deutlich besser sein als die des Datenblatts.

Wir raten von der Verwendung von Zählern für diese Art von Messung ab. Moderne spaltfreie Messzähler sind sehr gut und haben eine Funktion zur Messung der Zeitverzögerung zwischen Triggern an zwei Eingängen. Mit Hilfe eines Zählers können Sie jedoch nicht erkennen, ob Ihr Trigger-Ereignis bei einer relevanten Amplitude auftritt, oder ob es einige Runt-Impulse gibt, ehe eine stabile Schwingung erreicht wird.

Wenn alles nichts nützt, verfügen wir bei IQD in unserer Zentrale über einen riesigen Vorrat an Frequenzprodukten und ein gut ausgestattetes Testlabor. Wir freuen uns sehr, wenn Sie die Messung der Anlaufzeit so definieren, wie Sie es wünschen. Wir werden dann die entsprechenden Tests durchführen und Ihnen die tatsächlichen Ergebnisse zusenden. Auf diese Weise können Sie hundertprozentig sicher sein, dass Sie es mit den genauen Werten zu tun haben.

 

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