Fehleinstufungen der Feuchtigkeitsempfindlichkeit (Moisture Sensitivity Level, MSL) können Kosten oder Lieferzeit wegen unnötiger Verpackungsbeschränkungen erhöhen
Posted: 8th June 2016
Manche Kunststoffgehäuse, die in der Herstellung von Quarzkristallen und Oszillatoren Verwendung finden, können während der Lagerzeit die Feuchtigkeit aus der Atmosphäre absorbieren. Wenn diese Teile hohen Temperaturen ausgesetzt werden, wie sie etwa beim Reflow-Löten auftreten, dehnt sich die Feuchtigkeit im Gehäuse aus, sie verdampft und kann dadurch Mikrorisse im Gehäuse oder noch Schlimmeres hervorrufen. Die Folge davon wiederum kann eine Zerstörung der Drahtbonds im Gehäuse und folglich ein Produktausfall sein. Die Drahtbonds bilden die elektrische Verbindung zwischen dem IC und dem Leadframe aus Metall, und sie sind während des Vergussprozesses häufig in Kunststoff verkapselt.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit dieses Phänomen auftritt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, zum Beispiel sowohl von der Art des verwendeten Kunststoffs sowie dessen Oberflächenbeschaffenheit als auch von der Feuchtigkeit, Temperatur und der Lagerdauer. Dieses Problem gewann nach Einführung des bleifreien Lötens und dem damit verbundenen Anstieg der maximalen Spitzentemperatur während des Reflow-Lötens zunehmend an Bedeutung.
Zur Bewältigung dieses Problems muss quantifiziert werden, wie empfindlich spezifische Quarz- und Oszillator-Entwicklungen gegen das Eindringen von Feuchtigkeit sind, und in der Folge müssen Mindestanforderungen an die Lagerung empfohlen werden, um sämtliche möglichen Schäden zu vermeiden. Um dies zu erreichen, gibt es in der Elektronik zwei internationale Standards. Der erste ist JDEC-STD-020 als Klassifizierung der Feuchtigkeits/Reflow-Empfindlichkeit nicht hermetischer, oberflächenmontierbarer Halbleiterbausteine. Er definiert die Feuchtigkeits-Belastungsraten, Reflow-Profile und Pass/Fail-Kriterien, stuft die Komponenten von Level 1 bis Level 6 ein und schafft auf diese Weise eine standardisierte Methode zur Klassifizierung eines Bauelements. Der zweite, JDEC-STD-033 Handling, Verpacken, Versenden und Anwendung von Feuchtigkeits-/Reflow-empfindlichen oberflächenmontierbaren Bausteinen, folgt dem ersten Standard und empfiehlt spezielle Lagerbedingungen in Abhängigkeit von der im JDEC-STD-020 erteilten Klassifizierungszahl.
Die fehlerhafte Einstufung besteht in der Annahme, dass alle Quarz- und Oszillatorgehäuse unter einen der im JDEC-STD-020 beschriebenen Level fallen. Tatsächlich aber wird die überwiegende Mehrzahl der von IQD hergestellten Frequenzprodukte nicht von diesen Standards abgedeckt, weil sie hermetisch abgedichtet sind, was bedeutet, dass keine Feuchtigkeit eindringen kann. Hermetische Abdichtungen sind durch Druckbeaufschlagung (Bombing) mit Helium getestet und liegen unter 10 bis 8 mbar l/s, so dass folglich keine Wassermoleküle in das Gehäuse eindringen können.
Die unnötige Zuteilung einer MSL-Klasse an ein hermetisch abgedichtetes Produkt ist maßgeblich, weil selbst bei MSL Level 1 (dem am wenigsten beschwerlichen der 6 Level und wesentlich weniger anspruchsvoll als Level 2 bis 6), die bezüglich Verpackung, Lagerung und Handling im JDEC-STD-033 detailliert beschriebenen Einschränkungen durchaus schwerwiegend sind. Zum Beispiel muss ein Produkt nach MSL Level 1 mit einem Warnetikett versehen sein, das in JDEC-STD-033 genau definiert ist. Der Standard JDEC-STD-33 bestimmt darüber hinaus eine Lagerzeit, also die maximal zulässige Zeit zwischen dem Auspacken und der Einwirkung des Reflow-Prozesses. Bei MSL Level 1-Komponenten ist diese Lagerzeit unbegrenzt, allerdings nur dann, wenn die Umgebungsatmosphäre unter 30°C/85RH-Pegeln liegt. Was jedoch am Wesentlichsten ist: Um ein Bauelement als MSL Level 1 zu klassifizieren, müssen Musterteile einen im JDEC-STD-020 vorgeschriebenen Test bestehen. Dabei handelt es sich wirklich um den mühsamsten Test, den JDEC-STD0-20 vorschreibt; er umfasst eine Wässerung bei 85°C/85RH über 168 Stunden, ehe das Bauelement dem Relfow-Profil ausgesetzt wird, und anschließender Inspektion auf Beschädigungen.
Dieser Test wurde zur Bewertung der Empfindlichkeit der zu prüfenden Bauteilte gegen das Eindringen von Feuchtigkeit geschrieben. Deshalb bietet seine Durchführung bei einem hermetisch abgedichteten Teil, bei dem keine Feuchtigkeit eindringen kann, keinerlei Vorteile.
Die JDEC-Standards bieten Rahmenbedingungen für den Hersteller des Bauelements, sowohl um den zugehörigen MSL-Level zu bewerten als auch somit um die Anforderungen an Verpackung, Handling und Etikettierung zu spezifizieren, die jedes nachfolgende Unternehmen in der Versorgungskette befolgen muss. Jede Wareneingangsabteilung kann dann beim Empfang von Gütern eindeutig die Anforderungen identifizieren und diese an die nachfolgenden Beteiligten weitergeben. Für Elektronik-Komponenten ist es gar nicht unüblich, dass sie zwischen ihrer Herstellung und der Montage in das fertige Endprodukt viele verschiedene Unternehmen durchlaufen müssen. Es ist wichtig, dass keine Missverständnisse in diese Kette eingefügt werden, die zu gesteigerten Kosten oder verlängerter Lieferzeit infolge unnötiger Verpackungseinschränkungen führen,
So kommt es, dass IQD auf die Bitte zum Ausfüllen von Fragebögen bezüglich der Einstufung unserer Quarze und Oszillatoren in MSL Level 1 bis Level 6, verständlicherweise bei hermetisch abgedichteten Bausteinen "Nicht zutreffend" zur Antwort gibt, da es für uns nicht korrekt wäre, selbst MSL Level 1 vorzuschlagen und dadurch den Prozessen unserer Kunden unnötige zusätzliche Handling-Kosten aufzubürden.
IQD fertigt indessen eine geringe Zahl von Quarzen und Oszillatoren, die nicht hermetisch abgedichtet sind und deshalb richtigerweise in den zugehörigen MSL-Level eingestuft werden. Wo dies der Fall ist, wird der MSL-Level eindeutig auf unserem Produktdatenblatt angezeigt, und es werden die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen bezüglich Lagerung, Handling und Verpackung während des gesamten Fertigungsprozesses und in unseren Fertigteillagern ergriffen. Außerdem werden die Produkte mit der geeigneten Verpackung und Etikettierung versandt, um es Ihrem Wareneingangs-Team zu ermöglichen, das Produkt als solches zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu treffen.
In der zeit- und kostenkritischen Welt der Herstellung von Quarzen und Oszillatoren müssen unnötige Kosten und Prozesse unbedingt vermieden werden, wo immer das möglich ist!