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Ein kurzer Leitfaden über AT-Schnitt-Quarzkristalle

Posted: 29th June 2015

Vorausgesetzt, dass ein Kristall seine Leistung entsprechend seinen Spezifikationen erbringt, zerbrechen sich nur wenige von uns den Kopf darüber, wie dieser hergestellt wurde oder gar wie er genau arbeitet. Aber zuweilen kann es durchaus nützlich sein, wenn man die Grundlagen verstanden hat, und sei es nur, um sich über manche der übertriebeneren Performance-Ansprüche hinwegzusetzen, die man in Datenblättern vorfindet.

Wafer, aus denen Kristalle für den Einsatz in der Elektronik gefertigt werden, sind aus Quarzsteinen geschnitten. Die Schnittrichtung bestimmt den Vibrationsmodus des Kristalls, seine Frequenz-Temperatur-Charakteristik, wie er altern wird sowie zahlreiche andere Parameter.

Bei rund 90% aller Kristalle, die in diesen Anwendungen eingesetzt werden, wird der so genannte AT-Schnitt verwendet. Das bedeutet, dass die Steine in einem Winkel von 35° 15’ gegenüber der Z-Achse geschnitten werden. Der AT-Schnitt ist wegen der Temperaturkennwerte der so entstehenden Kristalle weitverbreitet. Sie können zwischen -40 °C und + 125 °C eingesetzt werden und sind durch einen Wendepunkt – der Symmetriepunkt, von dem aus die Frequenz mit der Temperatur ansteigt oder abfällt - von 25 °C gekennzeichnet.

Cut

Der Schnittwinkel ist besonders dann von entscheidender Bedeutung, wenn eine Charge von Kristallen dieselben Charakteristika aufweisen muss. In diesem Fall ist es Industriestandard-Praxis, den Schnittwinkel auf innerhalb ±15 Sekunden eines Grads (oder 0,0042 von 1 Grad) zu spezifizieren. Es kann jedoch darüber hinaus vorkommen, dass der Schnittwinkel absichtlich geringfügig verändert wird, um eine gewünschte Änderung der Temperaturkennwerte zu erreichen.

Wie bei allen elektronischen Bauelementen kosten Bauteile mit einer sehr engen Toleranz mehr als solche mit geringerer Toleranz, vor allem wegen der geringeren Ausbeute, die mit engeren Toleranzen erzielt werden kann.

Es ist interessant, dass die Temperatur-Frequenz-Kennlinie eines AT-Schnitt-Kristalls symmetrisch verläuft. Aus diesem Grunde wird man Spezifikationen für Kristalle vorfinden, die mit von 0 °C bis 50 °C, -10 °C bis + 60 °C, -20 °C bis +70 °C etc. angegeben werden. Diese spezifizierten Temperaturbereiche sind sämtlich um 25 °C herum symmetrisch. Daraus folgt, dass sich der "industrielle" Temperaturbereich von -40 °C bis +85 °C, der häufig zur Charakterisierung anderer elektronischer Bauelemente, einschließlich der Halbleiter, Verwendung findet, nicht besonders gut zur Spezifizierung eines Kristalls eignet. Der nächste äquivalente Temperaturbereich, der hier in Frage käme, wäre -40 °C bis +90 °C. Wenn Sie also auf ein Referenz-Design stoßen, das einen Kristall mit einer Stabilität von ±10 ppm im Bereich -40 °C bis +85 °C fordert, behandeln Sie diese Vorgaben mit Vorsicht. Wir werden dieses Problem in unserem nächsten Blog-Eintrag noch näher erklären.

Historische Anmerkung

Der AT-Schnitt-Kristall wurde letztes Jahr 80 Jahre alt. Die Herren F.R. Lack und G. W. Willard entdeckten ihn im Jahre 1934, zusammen mit seinem Gegenpart, dem BT-Schnitt, im Rahmen ihrer Arbeit bei den Bell Telephone Labs, die zur AT&T gehören. Die beiden veröffentlichten zusammen mit einem Kollegen, Herrn I. E. Fair, einen wegweisenden Artikel über Kristalle mit dem Titel "Einige Verbesserungen bei Quarzkristall-Schaltelementen" ("Some Improvements in Quartz Crystal Circuit Elements") in der Juli-Ausgabe 1934 des Bell Labs Technical Journal. Sie können hier eine Kopie aus der Wiley Online-Bibliothek abrufen.

AT Curve

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AT Curve